DARK TALES

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Auf den nächsten Klassiker brauchten wir nicht lange warten: Nebel und Halbdunkel trafen aufei- nander, und atmosphärische Klänge, die den Beginn von “Welcome Back” einleiteten, ergriffen uns mit ihrem magischen Zauber. Auf einer sphärischen Woge reitend, folgten wir unseren Hel- den in eine echte Metal-Zeremonie, die durch die “Hey! Hey!...”-Beschwörungsrufe der Besucher- reihen eine intensivierende Wirkung bekam! Daniels kristallklare Stimme durchdrang uns und pol- te meine Nackenhaare in Gegenrichtung! Gebannt atmeten wir die Ruhe vor dem Sturm und erga- ben uns schließlich befreit dem Orkan der Beschleunigung, der uns erbarmungslos mit sich zerr- te! Hinter zahllosen, chronisch hochgerissenen Armen sah ich die Schwingen eines blauen Um- hangs über die Bühne fliegen, während ganz Göteborg mir begeistert in den Rücken sprang! Die Organbeherrschung des Mikro-Magiers war überwältigend! Dieser sagenhafte Schwede, der hier zu Recht den Jubel des Volkes kassierte, vermochte es, mich alle meine übrigen Sangeshelden - Eric Adams, Rob Halford, Geoff Tate, Midnight, James LaBrie, und wie sie alle heißen - verges- sen zu lassen!

Wie ein Derwisch in der roten Scheinwerferglut fegte dann nach einer kurzen Ansage auf Schwe- disch das stimmgewaltige Kraftpaket weiter zu “Denial Of Fate” über die Bühnenbretter. Im  Null- kommanix hatte er das komplette Publikum, von einer Ecke zur anderen,  mit machtvollen “Hey! Hey! Hey!”-Hieben so fest im Griff, dass es bereits vor der Einladung “Feel the taste of freedom ride on wind!” regelrecht abhob! Auch auf der linken Frontlinie - beherrscht von Gitarrist Fredrik Olsson und Basser Martin Furängen - war nun heftigstes Mattenschwingen angesagt, während Wojtek, wild wie eine schwarze Medusa bangend, zugleich auf das Kunstvollste die Saiten quäl- te! In Jubel gebadet, ließ Daniel seine Hand im Schnellspurt über die Wand aus Armen gleiten, bevor er mit Ausklingenden des instrumentalen ”Song Of Air”, geheimnisvoll ins Mikro grollend, das nächste Stück ansagte: “World Through My Fateless Eyes”! ....................................

Es war, als würde eine monströse Druckwelle über uns hinwegjagen und die innere Energie aller Anwesenden nach außen sprengen! Von einer Sekunde zur anderenten verwandelte sich Göte- borg in einen Hexenkessel, rasante Tonfolgen und der “Tanz des Metals” brachten die Erde unter meinen Füßen zum Beben! Martin war zu einem hell lodernden Flammenrad aus rotierenden Haaren geworden, während der LOST HORIZON-Shouter mit einen winzigen Fingerzeig die Metalgemeinde dazu brachte, das gesamte Stück mit euphorisch-rhythmischen “Hey!”s zu unter- malen. “I see the world...” begann Daniel, und in das Verstummen der Musik hinein tönte es aus hunderten von Kehlen: “...through my fateless eyes!” Der wilde Tanz ging weiter, ich hörte mich mitschreien und fragte mich erneut fassungslos, wie dieses Wesen mit dem wild rollenden, ver- zierten Schädel, das seine Stimme so problemlos und imposant in überirdische Höhen zu schrauben verstand, überhaupt von dieser Welt stammen konnte! ..........................................

Als sich die Beifallsorgien einigermaßen gelegt hatten, kam Daniel in seinem sehr verwegen klin- gendem Schwedisch auf die zwei besonderen Anlässe dieses Abends zu sprechen: Schlagzeu- ger Christian Nyquist, der gerade rechtzeitig von seinem Schulterblattbruch nach den Tourbus- Unfall vom 15. März genesen war, um heute wieder “live on stage” seinen Kampfgefährten zur Seite stehen zu können, hatte vor zwei Tagen Geburtstag gehabt - und wie könnte man einen solchen besser feiern, als mit einem Heimkonzert?! Selbiges galt für LOST HORIZON-Häuptling Wojtek Lisicki, der HEUTE Geburtstag hatte, und demonstrativ schaltete der Gitarrenhexer die von uns in den Korb geschmuggelte, künstliche Miniatur-Torte ein, die bis zum Konzertende auf Attila Publiks Keyboard munter blinkend vor sich hintanzte! .....................................

Ausgelassen jubelten die Fans und sangen eifrig die Strophen und die “Hailed shall be the ones who see what others can not”- Passagen mit, und der genialste Sänger dieses Universums be- dankte sich - weitersingend - bei dem Meer an emporgereckten Händen durch unermüdlichen, persönlichen Händedruck! Wojtek Lisicki, der als Gitarrist im Einsatz gerade keine Hand frei- hatte, bearbeitete rechts von ihm dafür die ersten Reihen mit peitschender, dunkler Mähne, und als das Applaus-Stakkato schließlich den letzten Akkord von “Pure” durchtränkte, nahmen LOST HORIZON mit bewegten und glücklichen Mienen die tiefen Zuneigungsbekundungen ihrer Fans entgegen, schüttelten Hände und wären für den Kick der maximalen Nähe wohl am liebsten gleich in die wogende See aus  Metal-Maniacs gesprungen, um mitten unter ihnen weiterzu- spielen! .........................................................................

Wojtek Lisicki
Wojtek Lisicki
Wojtek Lisicki
Fredrik Olsson
Lost Horizon
Daniel Heiman
Martin Furängen
Christian Nyquist
Wojtek Lisicki
Daniel Heiman
Lost Horizon

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